Film und Computerspiele

Merkmale von Computerspielen mit der Erzählweise eines Films vergleichen

Lola rennt ist ein fulminantes Feuerwerk visueller und akustischer Stilmittel. Vielfach wurde der Film von deutschen Kritikern mit den populären Musikvideos der 90er Jahre verglichen, jedoch nicht von allen:

Die Filmkritik hat 'Lola rennt' ein „auf Spielfilm-Länge gedehntes Musik-Video“ genannt. Sie geht dabei in die Irre. Der Film bedient sich in seiner technischen wie narrativen Struktur nicht der Gewohnheiten des Musik-Videos. Viel eher stimmt, was vor allem amerikanische Kritiker schrieben: es handle sich um ein auf die Kino-Leinwand übersetztes Computer-Spiel.

Roser, Traugott: „Lola rennt“ oder: Drei vergebliche Versuche über Eindeutigkeit. Magazin für Theologie und Ästhetik 8/2000



Aufgabe 1

  1. Geben Sie mit eigenen Worten die These Traugott Rosers wieder.
  2. Notieren Sie Beispiele aus dem Film, die Ihnen spontan einfallen, mit denen sich Rosers These stützen lässt.

Aufgabe 2

Unbestritten ist, dass Lola rennt sich in seiner Machart stark an den großen Medien seiner zeitgenössischen Jugend- und Popkultur orientiert. Neben Techno-Musik und den Musiksendern VIVA und MTV waren bei Jugendlichen vor allem Computerspiele extrem beliebt.

In den 1990er Jahren waren Computer- und Videospiele unter Jugendlichen extrem populär. 1989 kam mit dem Game Boy von Nintendo eine der ersten Handheldkonsolen auf den Markt. Zusätzlich verbesserte sich die Grafik vor allem von Videospielekonsolen rasant von 16 Bit-Videospielekonsolen auf bis zu 128 Bit Ende der 90er Jahre. Mitte der 90er Jahre fand zudem ein Wechsel von 2-D auf 3-D-Grafik statt. Durch das Aufkommen der CD als Speichermedium wurde es möglich, Spiele für die Konsole auch am PC und umgekehrt zu nutzen. Netzwerkfähige Spiele für den PC ermöglichten endlich auch Spiele, die im Multiplayer-Modus mit mehr als 10 Spielern gespielt werden konnten.

Beliebte Spielegenres der 90er Jahre:
  • Ego-Shooter (z. B. Doom, Half-Life, Quake): Aus der Ich-Perspektive werden in einer frei begehbaren Spielewelt mit Schusswaffen andere Spieler (Multiplayer) oder Computergegner bekämpft (Singleplayer).
  • Action-Adventure (z. B. Lara Croft, The Legend of Zelda: Ocarina of Time, Pokémon): Der Spieler steuert in einer levelbasierten Spielewelt seine Spielfigur und muss sowohl Aufgaben erledigen und Rätsel lösen als auch Geschick beweisen, z. B. Hindernisse überwinden und Gegner besiegen.
  • Rennspiele (z. B. Need for Speed, Gran Turismo): Simulationen von Autorennen, in denen der Spieler ein möglichst wirklichkeitsgetreues Fahrzeug steuert und damit im Rennen gegen Mitspieler oder den Computer antritt.
  • Echtzeit-Strategiespiele (z. B. Anno 1602, Sid Meiers’s Civilization): Aufbauspiel, indem meist mehrere Spieler gegeneinander antreten und in Echtzeit notwendigen Bau- und Entwicklungsaufgaben durchführen. Häufig ist das Ziel eine Zerschlagung des Gegners, wobei das Erreichen wirtschaftlicher und technologischer Zwischenziele die Schlagkraft und Ausstattung der eigenen Truppen bestimmt.
  • Jump-’n’-Runs (z. B. Super Mario, Crash Bandicoot): Spiele, bei der sich sich Spielfigur laufend und springend durch eine Spielwelt bewegt. Unterschieden werden 2D-Varianten, bei denen die Spielfigur sich durch eine horizontal scrollende Umgebung bewegt und 3D-Varianten, in denen sich die Spielfigur durch eine dreidimensionale Umgebung bewegt.
  • Rollenspiele (z. B. Diablo, Final Fantasy): Der Spieler bewegt sich mittels eines durch ihn entworfenen Spielecharakters durch eine komplexe Handlung innerhalb einer fantastischen Spielewelt.
Künstlicher Konflikt: Im Spiel geht es um die Bewältigung eines vorgegebenen, künstlich geschaffenen Konfliktes durch einen oder mehrere Spieler.

Interaktivität: Entscheidungen des Spielers legen den Ablauf des Spiels individuell fest. Die Ergebnisse des Spieles hängen von den Wahl- und Manipulationsmöglichkeiten der Spieler ab. Dabei ist ein Sieg schwerer zu erreichen als eine Niederlage.

Levelstruktur: Eine fest vorgegebene Struktur bestimmt das Spiel. Dabei ist die Reihenfolge von Spielereignissen bis zu einem gewissen Grad unabhängig vom Spieler festgelegt, z. B. bei Progression games: Man kommt erst zum nächsten Level, wenn die vorher liegenden Probleme gelöst sind (z.T. liegt auch hier die Reihenfolge fest).

Regeln: eindeutig, von den Spielern akzeptiert. Manipulationsregeln (welche Handlungen sind möglich), Zielregeln (was muss erreicht werden), werden dem Spieler als Quests mitgeteilt.

Wiederholungsmöglichkeit: Jeder Spieler kann ein Spiel beliebig oft wiederholen und verschiedene Spielabläufe ausprobieren. Er kann dadurch dazulernen, um die Herausforderungen des Spiels besser kennenzulernen und zu meistern.

Sicherheit: Die Konsequenzen einer Niederlage sind für Spieler in der wirklichen Welt nicht so schlimm.

Richter, Angelika: Klassifikationen von Computerspielen

Unten sehen Sie eine Reihe von Merkmalen, die viele Computerspiele üblicherweise aufweisen.

  1. Wählen Sie durch Anktippen aus den folgenden Karten diejenigen Eigenschaften aus, die auf den Film Lola rennt zutreffen. Färben Sie teilweise zutreffende Merkmale halb und voll zutreffende vollständig blau ein. Belassen Sie nicht zutreffende Eigenschaften grau.
Ein Protagonist, mit dem sich der Spieler identifiziert
Mehrere Level werden nacheinander durchlaufen.
Die Spielwelt ist ein reduziertes Abbild der Wirklichkeit.
Man kann speichern.
Game over („Tod”)
Auf jeden Gegner oder jedes Rätsel folgt eine neues Problem.
Es gibt Zwischen- und Endgegner.
Man kann einen Bonus erhalten.
Es gibt Spielregeln.
Die Handlungs-optionen sind begrenzt.
Es gibt eine Story.
Ein Spiel ist nicht die Wirklichkeit.
Erfahrungs-punkte sammeln und Fähigkeiten entwickeln
„Live-Charakter” – der Spieler ist mittendrin im Geschehen
Entscheidungen haben Konsequezen für den Spielverlauf.
Scheitert das Spiel, steht eine begrenzte Anzahl „Leben” zur Verfügung.
Bestimmte Aufträge (Quests) müssen erledigt werden.
Es geht um alles oder nichts, z. B. Leben oder Tod.
Es gibt ein Ausgangs-szenario und klare Zielvorgaben.
Der Spieler bewegt sich etappenweise vorwärts.
Rätsel oder Probleme müssen gelöst werden.
Charaktere und Figuren verfügen über besondere Fähigkeiten.
Unvorhersehbare Ereignisse führen zu unerwartbaren Wendungen.
Man kann noch mal von vorne anfangen und dazulernen.

  1. Bewerten Sie, in welchem Ausmaß die verschiedenen Eigenschaften in Lola rennt zum Tragen kommen. Wählen Sie aus der Galerie mehrere Eigenschaften aus, die Ihnen besonders wichtig erscheinen, und ordnen Sie diese auf der Arbeitsfläche an. Sie können die Relevanz der Eigenschaften gewichten, indem Sie die Größe der Kärtchen verändern.
    Beschreiben Sie in Notizkärtchen, wie der Film Lola rennt die ausgewählten Eigenschaften von Computerspielen umsetzt.
Notizkärtchen
Pfeile
  1. Stellen Sie Vermutungen an, aus welchen Gründen Filmemacher Tom Tykwer Lola rennt wie ein Computerspiel aufgebaut haben könnte. Berücksichtigen Sie bei Ihren Ausführungen die speziellen Eigenschaften von Computerspielen und deuten Sie in diesem Zusammenhang das Spiel als eine Metapher für das Leben.
  2. Nehmen Sie Stellung zu der These, dass Lola rennt eher mit einem modernen Märchen verglichen werden sollte als mit einem Computerspiel.